Wie du dich als Partnerin nicht wie das fünfte Rad am Wagen fühlst und eine Beziehung zu „dritt“ gelingen kann, erfährst du in diesem Beitrag.
Für Frauen mit einem an Multiple Sklerose oder einer anderen Autoimmunkrankheit erkranktem Partner:in ist die Beziehungskonstellation einer ménage à trois keine wilde Fantasie, sondern stellt eine wahre Herausforderung im Beziehungsalltag dar.
Die Erkrankung des Partners (oder der Partnerin) ist ständig dabei, sie funkt rein, bringt dich in grübelnde Gedanken oder ganz aus dem Konzept. Diese Paare werden die chronische Erkrankung als Dritte im Beziehungskonzept nicht wieder los. Bei keinem Date, keinem Urlaub oder Treffen mit den Freunden.
Die ungewollte Dritte im Bunde ist die Krankheit des Partners. Mal mehr oder weniger präsent. Das bedeutet, sie nimmt auch mehr oder weniger störenden Einfluss auf das Beziehungserleben. Wahrscheinlich ist, dass du als Partnerin vorher kaum Berührungspunkte mit unheilbaren Erkrankungen hattest. Dazu die Aufregung und Unsicherheit, wenn es sich um einen neuen Mann oder Frau in deinem Leben handelt.
Eine Diagnose bietet neben der Verunsicherung aber auch die Möglichkeit, dich und deinen Partner noch einmal von einer ganz neuen Seite kennenzulernen. Du erfährst, natürlich nicht ganz freiwillig, wie weit deine Toleranz wirklich geht. Was verunsichert dich? Wie gehst du mit Herausforderungen um?
Wie stark deine Beziehung durch die chronische Erkrankung beeinträchtigt wird, liegt auch daran:
- Wie aktiv die Erkrankung im Moment ist
- Ob sich seelische oder körperliche Einschränkungen über die Zeit ergeben haben und diese nun im Alltag nicht mehr so leicht ignoriert oder kompensiert werden können
- Wie offen als Paar über Bedürfnisse gesprochen wird
- Wie du und dein Partner jeweils mit Herausforderungen umgehen
- Wie sehr du als Partnerin Freude, Glück und Gesundheit unabhängig vom Partner erlangst.
Wahrscheinlich möchtest du deinen Partner auch mal ganz für dich allein. Ohne permanent auf seine gesundheitlichen Bedürfnisse Rücksicht nehmen zu müssen. Es strengt an, immer alle Eventualitäten im Hinterkopf zu haben, Treffen wegen seiner Erschöpfung oder eines Schubes kurzfristig abzusagen oder Kinokarten verfallen zu lassen.
Die meisten Frauen zeigen sich anfangs sehr verständnisvoll und unterstützen ihren Partner zu 100 Prozent. Diese Partnerinnen sind sehr geduldig und entbehren anfangs aus Überzeugung. Da wollen wir jedoch nicht hin. Unterstützen ja, entbehren nein. Ich finde, keine Frau sollte entbehren, was sie sich sehnlichst wünscht.
Also, hilft dein Verständnis und tief Stapeln nicht, wenn du gerne:
- unbeschwerte Urlaube verbringen
- Freunde treffen oder
- als Frau dich aufrichtig geliebt fühlen möchtest.
Der Frust an unerfüllten Bedürfnissen geht sonst auf deine Gesundheitskosten. Die moralische Haltung dem Partner gegenüber bleibt dabei meist unangefochten unterstützend. Es kann jedoch sein, dass du etwas von deinem Glanz verlierst, deinem inneren Leuchten. Dass du öfter traurig oder erschöpft aussiehst. Zu diesem Zeitpunkt ist dir meist bewusst, dass dein 24h-Einsatz nicht mit Liebesgefühlen oder Zweisamkeit belohnt wird. Aber auch eine Hilflosigkeit kann sich einstellen.
Denn, wie bitte, nimmt man es denn mit einer unheilbaren Krankheit auf?
Wie gewinnt nach der anfänglichen Unsicherheit im Umgang mit der Erkrankung, die Paarbeziehung nun wieder mehr Raum? Abläufe zur Erkrankung und der Umgang mit Krankheitsphasen werden sich nach der Diagnosestellung ergeben. Der Prozess dauert mit oder ohne Hilfe unterschiedlich lang und verläuft, das macht er meistens, in Wellen.
Mit
- fundiertem Wissen über die Erkrankung
- Praktischen Abläufen im Alltag und
- Verbindender Sprache zum Partner
ist es jedoch möglich, als Frau mit chronisch erkranktem Partner eine glückliche Beziehung zu führen. Eine in der du nur das gibst, was deinen Möglichkeiten entspricht, eine in der du dich kompetent und handlungsfähig fühlst und vor allem als Frau geliebt. Denn so kann der Partner in seiner männlichen Rolle aktiviert und der Wechsel vom Diagnose-Schock zurück zur Beziehung auf Augenhöhe erfolgreich gelingen.
Beziehung zu dritt? Die wird es bleiben. Schön ist es, wenn die Erkrankung als ungewollte Dritte in der Beziehung zu einer kleinen Schwester werden kann. Eine, die halt dabei ist, aber auch nicht wesentlich stört, zumindest nicht so oft.
Die man auch liebevoll betrachten kann, auch wenn sie den Ausflug mit dem Partner oder das Treffen mit den Freunden manchmal einfach so platzen lässt. Das Biest.
Ich unterstütze dich auch auf deinem Weg zu einer glücklichen Beziehung! Schreib mir kurz deine Situation an kontakt@kerstinneumann.de.
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Herzliche Grüße
Kerstin Neumann
Hallo
Wieso sprechen Sie nur von Frauen die mit einem chronisch kranken Mann zusammen sind?
Die Analogie von einer Partnerschaft zu dritt fand ich sehr …. treffend
Danke für Ihre wichtige Frage, Arnold. Der Text hat natürlich Gültigkeit für viele Paarbeziehungen mit chronischer Erkrankung. Diesen schrieb ich einst für meine Gruppe weiblicher Angehöriger. Auf diese und auf deren gelegentliche Treffen (online oder in Berlin) weise ich hin und wieder hin.